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Aufgeben ist keine Option

Aktualisiert: 3. Dez. 2020

Ein Rückblick auf das Leben von Christoph Häselbarth und eine Wegweisung


Von Franziska Kotzbauer-Häselbarth







Zuerst publiziert im Prophetischen Bulletin 3/2020

der Stiftung Scheife, CH - Winterthur, www.schleife.ch



Wir lebten in Uganda, als die Nachricht von dem Fahrradunfall meines Vaters meinen Mann und mich erreichte. Er kam auf die Intensivstation und viele beteten für ihn. Es geschahen einige Wunder, so viele, dass wir dachten, er sei nun über den Berg. Kurz darauf ist er in der Früh-Reha am 19. Juni 2020 gestorben. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war dankbar, dass ich aus Uganda zurückfliegen durfte, obwohl der Flughafen seit März aufgrund der Corona-Restriktionen geschlossen war.

Ich traf meinen Vater nicht mehr lebend an, doch das war für mich nicht schlimm, denn ich hatte von Uganda aus fast täglich Kontakt mit ihm gehabt. Ich kannte vieler seiner Gedanken, weil wir so viel Austausch miteinander hatten.



In der Wolke der Zeugen


Es ist nicht leicht für mich zu verstehen, warum er so plötzlich, so unvorhergesehen, von uns gegangen ist, doch ein Vers hat mich sehr getröstet: «Kostbar ist in den Augen des HERRN der Tod seiner Getreuen» (Psalm 116,15). Wir haben ihn hier nicht mehr, doch es tut gut zu wissen, dass der Himmel einen treuen Diener mehr hat und dem HERRN selbst das Heimkommen meines Vaters kostbar war! Im Hebräerbrief wird die Wolke der Zeugen erwähnt und ich glaube, er ist dort und er ist im Himmel sehr aktiv.

Erst als ich in Deutschland war, habe ich eines seiner letzten Bücher «Wie ein Leben in Fülle konkret gelebt werden kann» entdeckt. Ich sehe es als eine Art Vermächtnis, in dem er sein Herzensanliegen, die Herrlichkeit und Fülle Gottes, auf eine Weise mitteilt, dass der Leser ermutigt wird, selbst in die himmlische Ebene einzutreten und darin zu leben.

Meinen Eltern war das Reich Gottes so wichtig wie kaum etwas anderes auf dieser Erde. Immer wenn es mehr darüber zu erkennen, zu lernen und zu erleben gab, waren sie offen und meistens «voll dabei». Als Jugendliche fand ich die Sehnsucht meines Vaters nach dem Reich Gottes so extrem, dass ich, als ich einmal ein paar Monate in England war, etwas Sorge hatte, dass er alles verkaufen und sogar auf den Mond fliegen würde, wenn man dort geistlich weiterkäme. Diese Sehnsucht bewirkte, dass er selbst mit 83 Jahren im Geist sehr jung geblieben war. Er war erwartungsvoll wie ein Kind, wenn es «mehr» zu entdecken gab von diesem Reich.

Er hatte eine Herzkrankheit, an der er medizinisch gesehen schon vor Jahren hätte sterben sollen. Doch eisern lebte er für sich genau das, was er anderen predigte: Glauben an göttliche Heilung, egal, wie sie kommt, ob prozesshaft oder als Wunder. Er nahm sie für sich vertrauensvoll und manchmal ringend und immer wieder neu erwartungsvoll an. Er sagte zu meiner Mutter: «An dieser Krankheit werde ich nicht sterben.» Kurz vor dem Radunfall sagte er mir ganz glücklich: «Es geht mir so gut, ich habe neue Kraft.»



Immer weiter


Wenn eine Art, um Heilung zu beten, nicht zum Erfolg führte, versuchte er eine andere, freute sich über jede Besserung und machte weiter. Sein Leben war bestimmt von diesem «Weiter» und dem Suchen nach der göttlichen Lösung in der jeweiligen Situation. Aufgeben war keine Option.

Diese Haltung wurde vor 30 Jahren sehr geprüft, als meine Eltern viel über Heilung predigten und lehrten und mein Bruder Philipp sterbenskrank war. Gott fragte damals meinen Vater, ob er weiter um Heilung beten würden, selbst wenn Philipp sterben würde. Dazu antwortete er mit einem eindeutigen «Ja». Kurz darauf starb Philipp und es fühlte sich beschämend an, Heilung zu predigen und den eigenen Sohn zu Grabe tragen zu müssen. Zu der Trauer auch noch diese Scham zu empfinden, das war nicht leicht für meinen Vater, doch er blieb seiner Entscheidung treu, weiterhin um Heilung zu beten.

Etwa zwei Wochen nach dem Tod von Philipp betete mein Vater für eine Reihe von Menschen und alle wurden geheilt, woran auch immer sie erkrankt waren. Da dachte er: « Wäre nur mein Sohn dabei gewesen ... » Auch als mein Bruder Micha an den Folgen eines Unfalls starb, gab mein Vater nicht auf, sondern hielt weiter an dem fest, was er als wahr erkannt hatte, unabhängig davon, wie die Umstände waren. Glaube beruht eben nicht auf Erfahrungen, sondern auf dem Wort Gottes. Das Wort Gottes war sein Fels, ganz gleich, wie stark der Sturm tobte.

Versöhnung und Einheit im persönlichen und im größeren Rahmen waren Themen, die meine Eltern stark beschäftigten. Mein Vater war sehr ehrlich, auch im Hinblick auf unsere Vergangenheit als Familie und als Nation. Er hat sich früh mit Vorfahrenschuld auseinandergesetzt und Versöhnung gesucht. Meine Eltern waren auf einigen Versöhnungsreisen in verschiedenen Ländern und haben sich dort mit anderen Deutschen unter die Schuld gebeugt, dass unser Volk anderen Völkern großes Unrecht angetan hat. Ich glaube, dass diese Buße in der geistlichen Welt mit dazu beigetragen hat, dass sich dunkle Wolken gehoben haben und für das Reich Gottes Bahn gemacht wurde.

Meine Eltern haben seit Jahrzehnten in unzählige Menschen, darunter viele Leiter, investiert, viele beraten, mit ihnen gerungen, für sie gebetet und innere und körperliche Heilung erwartet und erlebt. Aus dem heraus gründeten sie im Jahr 1989 den Josua-Dienst.




«Aufs richtige Pferd gesetzt»


Als Jugendliche habe ich mich oft darüber aufgeregt, dass sie sich so viel Zeit für Menschen in Not nahmen, doch das sehe ich nun völlig anders. Heute bin ich dankbar, dass meine Eltern «aufs richtige Pferd gesetzt haben». Sie haben, statt sich um sich selbst zu drehen und ihr eigenes Glück zu suchen, das Reich Gottes gesucht und immer wieder gegeben und gegeben.

Geduldig haben sie anderen zugehört, sich in ihre Situation hineingedacht, gebetet und den Herrn gefragt, was seine Antworten für die jeweiligen Personen sein könnten. Wie wertvoll ist es, erkennen zu können, worauf es ankommt. Liebe ist das, was bleibt.

Wir haben nur ein Leben, und darum ist es wirklich bedeutsam, wie wir unsere Zeit, unsere Kraft, unser Geld und unsere Liebe einsetzen. Diese Lebens­zeit ist uns geschenkt, um zu säen und einiges bereits hier zu ernten, doch vie­les werden wir erst in der Ewigkeit als Ernte erkennen. Was wir gerne weggeben, kann uns keiner mehr nehmen; es ist dann gesät und wird Frucht bringen zu seiner Zeit.

Meine Eltern haben immer wieder ein gebendes und großzügiges Herz gehabt und viele Personen miteinander verbunden. Ständig schienen sie darüber nachzudenken, wie sie eine Person mit einer anderen in Kontakt bringen konn­ten. Daraus sind Dienste entstanden bzw. miteinander verbunden worden; langjährige Freundschaften wurden geschlossen. Auch ich wurde dadurch gesegnet: Mein Vater hat meinen Mann Knut und mich miteinander bekannt gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Meine Eltern haben manchen Dienern Gottes, wenn sie die Möglichkeit dazu hatten, Türen geöffnet. So haben sie John Mulinde und etwa 40 ugandische Beter nach Deutschland eingeladen, und deren Einsätze zogen dann weitere Kreise. Auf einer Konferenz in Uganda haben sie David Demian kennengelernt und ihre Herzen wurden miteinander verbunden. In Deutschland wurde daraufhin nach einiger Zeit der Elia-Kreis geboren.

Immer wenn mein Vater ein neues «Projekt» sah, leuchteten seine Augen; Freude und Tatendrang erfüllten ihn. Selbst ein neues Projekt anzugehen oder anderen zu helfen, ein Projekt zu beginnen oder durch schwierige Gewässer hindurch zu steuern, das war für ihn äußerst belebend.



Auf der Suche nach Erfüllung


Über die Jahre wurde er zu einem Vater für viele und dem Mann Gottes, der er am Ende war. Als er drei Jahre alt war, hatte er seinen Vater verloren. Diese tiefe Wunde der Vaterlosigkeit und die innere Leere, die er fühlte, trieben ihn als junger Mann zu einer großen Leistungsbereitschaft und auch zu beruflichen Erfolgen. Er versuchte, diese Leere mit Leistung und Anerkennung zu füllen. Doch nach einiger Zeit verstand er, dass das nicht möglich war. In einer großen Notsituation hörte er Gottes Stimme akustisch und streckte sich daraufhin nach dem Leben mit Jesus aus.

Meine Mutter war diejenige, die ihm zu Beginn ihres gemeinsamen Glaubenslebens in vielen Dingen geistlich voraus war. Sie machte ganze Sache mit Jesus und ging in eine Gemeinde, in der sie geistlich wuchs. Sie begann sich für Seelsorge zu öffnen und Lebensprobleme ehrlich anzugehen. Als mein Vater sich voll für das Leben mit Jesus entschied, ging auch er zielstrebig voran. Neugierig suchte er nach mehr von Jesus.

Meine Eltern haben viele geistliche Kämpfe gemeinsam ausgefochten. Ich habe sie als starke Einheit erlebt, sie haben sich sehr gut ergänzt und gegenseitig gestützt und ermutigt. Meine Mutter nimmt vieles im geistlichen Bereich wahr, sie sieht Lösungen für Einzelpersonen, während mein Vater eher die Lösungen für Gemeinden, Projekte, Gebiete oder Länder sah. Während meine Mutter geistlich sehr empfindsam ist, sah mein Vater jahrelang nicht so viel im Geist, doch er ging beharrlich und glaubensvoll seinen Weg mit dem Herrn. Ich habe bewundert, wie treu er im Glauben vorwärtsging, obwohl er lange Zeit nicht so viel im Geist erlebte.

Zusammen haben sie einige Dienste aufgebaut und daraus sind neue Dienste hervorgegangen. Für viele wurden sie zum geistlichen Vater und zur geistlichen Mutter. Wenn mein Vater verletzt wurde, hat es ihn oft sehr tief getroffen, und meistens hat er still gelitten.



Ein Herz für Israel


Auch war es meinen Eltern ein großes Anliegen, Israel konkret durch Gebet und Finanzen zu segnen. Gemeinsam mit dem Ehepaar Wustl gründeten sie den Philippus-Dienst. Wustls übernahmen die praktische Durchführung und durch diesen Dienst geschieht viel Versöhnung in Israel und in Deutschland und viele gute Gemeinden und Projekte werden in Israel unterstützt.

Mein Vater lernte Geduld, das war ein jahrzehntelanger Prozess. Als junger Mann konnten Dinge für ihn nicht schnell genug gehen, und von sich selbst, aber auch von anderen forderte er wirklich viel. Vielleicht hat das Leid und der Verlust seiner Söhne zum Lernen der Geduld mit beigetragen. Als älterer Mann war er sehr gütig und freilassend.

Ich habe meinen Vater sehr geliebt. Für mich war er nicht nur Vater, sondern auch einer meiner besten Freunde, Zuhörer, Unterstützer, Fürbitter und Ermutiger. Er freute sich so sehr auf unsere Gespräche. Immer wenn wir in Afrika vor Herausforderungen standen, und davon gab es wirklich einige, konnte ich das mit ihm besprechen und auf seine Gebete und seinen Rat vertrauen.

Er war schnell bereit, sich zu entschuldigen, wenn er merkte, dass er etwas falsch eingeschätzt oder einen anderen verletzt hatte. Er war ein Mensch, der immer im Wandel und am Lernen war. Auch das Sich-Mitteilen am Telefon eignete er sich später an. Seine Sätze waren vorher ein kurzes Übermitteln von Fakten, doch er lernte, wie man am Telefon ein ausführliches Gespräch führen konnte, das tiefgehend war und in dem man sich von Herz zu Herz mit­teilte.


Eine prophetische Ermutigung


Zusammenfassend wage ich, an seiner statt Dinge zu sagen, die wir zwar alle wissen, doch nicht immer ganz ausleben:


• Erwarte viel vom Herrn.

• Nutze die Zeit, die du hast.

• Lebe für Jesus und nicht für dich selbst.

• Investiere dich, mit allem, was du hast, ins Reich Gottes und in Menschen.

• Wage viel und denke groß.

• Gib nicht auf, selbst wenn die Umstände schwer sind.

• Vertraue dem Wort Gottes, auch wenn anderes «stimmiger» klingt, am Ende stimmt es doch.

• Liebe bringt Siege hervor.




FRANZISKA KOTZBAUER-HÄSELBARTH


ist Bürokauffrau und Fremdsprachenkorrespondentin und arbeitete in verschiedenen christlichen Diensten im In- und Ausland. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie dabei, ein eigenes Werk aufzubauen.


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